Epilog

zum Reisebericht
meiner Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela mit dem Fahrrad

e ultreia e suseia deus aia nos

„e ultreia e suseia, deus aia nos“
(vorwärts, jetzt und immerdar,möge Gott uns helfen)
abzeichen-santiago
Nun bin ich zurück von meiner Pilgerreise auf der „Niederstrass“, der „via touronensis„, die westlichste Pilgerroute durch Frankreich nach Santiago de Compostela. 32 Tage war ich unterweg, nach 26 Tagesetappen, einschließlich einem Ruhetag im Médoc, stehen jetzt 2181 km mehr auf meinem Tacho. Die einkalkulierten Mehrkilometer von 10 % für Falschfahrten, Besichtigungen und Umwege haben meine Vorgabe bestätigt. Für die Rückreise nahm ich zunächst den Bus von Santiago nach Barcelona ( für 40 Euro/1250 km/in 17 Std.). Nach weiteren 12 Stunden Aufenthalt, schließlich der Rückflug nach Düsseldorf. Fast 10000 Meter Höhe habe ich mit meinem Rad erklettert, Temperaturen zwischen 8° und 45° Celsius musste ich ertragen. Die Reise hat mich insgesamt etwa 700 Euro gekostet. Das sind nur ein paar statistische Zahlen.

Mein Camino ist aber auch zu Ende aus einer anderen Sichtweise. Ich habe mein Ziel erreicht, zunächst bin ich von Santiago aus neu aufgebrochen, um heimzukehren aber auch, um neue Wege zu gehen. In vergangener Zeit dauerte die Rückreise oft mehr als doppelt so lang und war zumindest ebenso beschwerlich wie die Pilgerfahrt. Heute mit unseren modernen Verkehrsmitteln bedarf es nur noch weniger Stunden bis man wieder daheim ist. Mir war es sehr wichtig, dass ich körperlich und seelisch-geistig heil wieder zu Hause angekommen bin, aber ich spüre, ich habe mich verändert. Mein Leben hat sich gewandelt wegen der vielfältigen Erfahrungen, die ich auf meinem Camino machte.

Zunächst ist es das tiefe christlich religiöse Erlebnis. Gerne zitiere ich dazu in drei Sätzen eine Erzählung, die vom Aufbrechen, Ankommen und Neubeginnen berichtet:
Ein Mönch liest in einem alten Buch, am Ende der Welt, da wo sich Himmel und Erde berühren, beginnt das Reich Gottes, und er macht sich auf den Weg, diesen Ort zu finden. Dort ist eine Tür, so hatte er gelesen und man brauche nur anzuklopfen, dann befände man sich bereits im Reich Gottes. Endlich nach einer langen Reise erreicht er sein Ziel. Bebenden Herzens klopft er an, die Türe öffnet sich und da merkt er, dass er wieder in seiner Klosterzelle steht. Der Mönch macht die Erfahrung, das Reich Gottes beginnt genau da, wo Gott mich hingestellt hat.
Außer dem religiösen Aspekt hatte mein Camino auch noch andere Fassetten. Ich habe die künstlerische Vielfalt in Skulptur Architektur und Malerei auf meinem Weg bewundert und genossen. Als exzellentes Beispiel nenne ich die Gotik, die ich von ihrer Wiege, der Picardie, bis zu ihrer Hochform in Chartres, in Burgos oder Leon verfolgen konnte. Unvergesslich bleiben die unzähligen romanischen und vorromanischen sakralen Bauwerke, ich erinnere an Eunate oder O Cebreiro, die haben einen besonders starken Eindruck bei mir hinterlassen. Ich denke aber auch an die zahllosen Brücken, steinerne Zeugnisse, die seit Alters her Menschen und Kulturen miteinander verbinden.
Nicht zuletzt war der Camino für mich auch eine sportliche Herausforderung. Gemessen an meinem Alter war er oft mühsam und beschwerlichen und häufig kein Spaziergang. Der Wille ist der Weg, das hatte ich mir in den Kopf gesetzt, um durch Regen, Kälte und Hitze zum Ziel zu gelangen. Selbstverständlich hätte ich das nicht ohne vorheriges, ausdauerndes Training geschafft.
Ich bin auch nicht kopflos durch die Gegend gefahren, denn ich hatte durchaus auch ein Auge für die Natur, die ich mit all meinen Sinnen in mich aufgesogen habe. Unzählige Male bin ich vom Rad abgestiegen, um die Schönheiten der Schöpfung zu bewundern und im Bild festzuhalten.
Aber die zwischenmenschlichen Beziehung war für mich die wichtigste und schönste Erfahrung unterwegs. Ich bin vielen Menschen, Einheimischen, Touristen und Mitpilgern unterschiedlicher Nationalität aus allen Teilen der Erde begegnet. Obwohl ich alleine losgezogen war, hatte ich nie das Gefühl alleine zu sein. Als Pilger bin ich oft auf andere angewiesen. Man hilft spontan, wo es Not tut. Die Möglichkeit, miteinander zu sprechen ist etwas ganz Besonderes. Man ist sich geistig sehr nahe, weil man gedanklich und körperlich den gleichen Weg durchmacht. Die Möglichkeit der Kommunikation sei es tagsüber. unterwegs, am Abend in der Herberge oder beim Abendessen im Gasthaus hat mich immer fasziniert und ich hoffe dass ich so ebenfalls einigen Menschen eine Freude bereitet habe. Von manchen dieser Begegnungen wünsche ich mir, dass man miteinander in Kontakt bleibt, von einigen wünsche ich mir gar ein Wiedersehen.

Ich bin reicher geworden an äußeren und inneren Erfahrungen. und werde mich nun wieder meinen alten Gewohnheiten zuwenden, werde meinen Verwandten, Freunden und Bekannten aber neu begegnen, sie neu begreifen und neu verstehen. Aus einem neuen Blickwinkel werde ich über Fragen und Probleme mit ihnen reden können. Schließlich werde ich selbst für mein eigenes Leben neue Akzente setzen, es neu lieben und schätzen lernen und ein neues erstrebenswertes Ziel ins Auge fassen.

An dieser Stelle möchte ich Katja, ein ganz besonderes Dankeschön sagen, weil sie sich so liebevoll um meinen Rückflug gekümmert hat. Ich konnte mein Rad bei dem Flug gleich mitnehmen. Dir Katja also herzlichen Dank für deine Hilfe.
Meine Pilgerfahrt ist nun endgültig vorbei.

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