Freitag – 25.07.2003
Bustransfer von Santiago nach Irun
Bis um sechs Uhr am Morgen war es nur noch eine kurze Nacht und heute an meinem letzten Tag in Santiago steht für mich noch einiges auf dem Programmzettel. Nach dem Kaffeetrinken finde ich genügend Zeit, mich von Elisabeth, Emilie, Magda und dem italienischen Paar aus Milano zu verabschieden. Ich fahre nun wieder voll bepackt zunächst zur Bushaltestelle um den Weg dorthin zu erkunden und um irgendwo etwas Karton zum einpacken des Fahrrades für den Transport heute Abend zu ergattern. Das ist nun auch erledigt und mache ich mich ein letztes Mal auf den Weg ins Zentrum, weil ich am festlichen Pontifikalamt teilnehmen möchte. Mein Fahrrad stelle ich schon wie gewohnt in der Oficina ab und bin um neun ein Stunde vor Beginn in der Kathedrale. Aber es gibt für einfache sterbliche schon lange keinen Sitzplatz mehr. Ich frage mich, ob das im Himmel später auch einmal so sein wird. So hocke ich mich, hinten etwas gepolstert durch meine Regenjacke, gegen eine der Säulen gleich am Ende der Absperrung so, dass ich das Geschehen doch recht gut verfolgen kann.
Das Hochamt beginnt mit einer Prozession der Geistlichkeit, der Honoratioren und sonstiger hoher geladener Gäste aus Politik, Wirtschaft und Adel, sozusagen die ganze spanische Haute Volé. Die ziehen dann auch um halb elf in die Kirche ein, vorneweg eine große Schar von Ministranten dann der niedere Klerus gefolgt von einem alten Reliquienschrein sechs Bischöfe und der Kardinal und schließlich all die wichtigen Leute, zum Teil etwas gelangweilt mehr oder weniger andächtig, die meisten noch müde vom Event der vergangenen Nacht. Es ist jedoch ein außergewöhnlich prächtiges Hochamt, mit mehreren Chören, und wie es hier an Hochfesttagen üblich ist erfolgt nach dem großen Pilgersegen das Anzünden und das Aufschwingen des großen Rauchfasses, „botafumo“ genannt, das von 6 Männern in Bewegung gesetzt wird und unter lautem Jubel der Menge von einem Ende des Querschiffes zu andern schwingt. Heut zu Tage nur noch eine traditionsreiche Show, früher dagegen dringend notwendig, um die schlechten Ausdünstungen der Pilger etwas zu verdrängen. Ite missa es, Geht, die Messe ist aus, geht nun beginnt euere Sendung, beide Übersetzungen bedeuten das gleiche.
…. auch ich gehe nachdem ich mich von meinen Messnachbarn einem Fußpilger aus Franken und einem jungen Pfarrer aus Wien verabschiedet habe. Ich fühle mich plötzlich wieder alleine, bin nun kein Pilger mehr und veschwinde in der Anonymität. Noch mitten in der Altstadt esse ich zu Mittag und schlendere danach noch ein wenig durch die Stadt. Schließlich wieder bei der Officina angekommen schiebe mein Rad nun ganz zufrieden und glücklich, aber auch einwenig nachdenklich und traurig durch die Straßen der Altstadt hinaus aus der Stadt. Unterwegs noch ein Provianteinkauf für die nächste Zeit. An der Porta do Camino schaue ich wehmütig ein letztes Mal zurück und frage mich, ob ich all das wohl jemals wieder sehen werde? Bis zum Busbahnhof ist es nicht mehr weit. In der Halle breite ich mich auf einer Bank aus, lade mein Gepäck ab und beginne mit dem Verpacken des Rades. Nur Lenker, Pedale, Sattel und Rückleuchte werden in Karton eingepackt, damit sie nicht beschädigt werden. Nach einer Stunde Zeitvertreib ist das Rad auch fachmännisch eingewickelt, und es verbleiben bis zum Startnun nur noch 2 Stunden, die ich mir mit der Lektüre meines Pilgerbuches vertreibe. Der Bus ist pünktlich im Souterrain des Busbahnhofes eingetroffen. Mein Gepäck baue ich ab, demontiere das Vorderrad kann ich mein Rad nun umgekehrt bequem im unteren Stauraum des Busses unterbringen. Pünktlich um 18 Uhr ist Abfahrt, die Reise geht ostwärts nach Hause in den frühen Abend. Übrigens sind Resi und Barbara auch mit in Bus. Die Fahrtroute verläuft über die Städte La Coruña, Lugo, Gijon, Oviedo, Santander, Bilbao, San Sebastian nach Irun der Grenzstation, immer wieder mit kleinen Zwischenstopps, zweimal sogar, um sich für ein paar Minuten die Füße vertreten zu können, Zeit für einen café solo.